Reichhaltiges Essen für Personen mit Schluckstörungen

Chancen & Herausforderungen von konsistenzveränderten Speisen.

Anpassungen von Texturen, Konsistenzen oder Fließgeschwindigkeiten helfen den Betroffenen mit Schluckstörungen am Weg zu einem genussvollen Essen und Trinken. Was genau bedeutet aber “weiche Kost” oder “leicht angedickt”?

Simon Sollereder & Wolfgang Staubmann

Weiches Essen ohne kauen ist wichtig bei Kau- und Schluckstörungen

Mai 15, 2023

Die richtige Konsistenz mit gutem Geschmackserlebnis

Es gibt die Möglichkeit, Personen mit Schluckstörungen trotz Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme ein Stück weit ein alltägliches Erlebnis zu ermöglichen. Speisen und Getränke können je nach Bedarf in ihrer Textur und ihrem “Biss” so verändert werden, dass sie auch mit Schluckstörungen noch angenehm zu schlucken sind. Feste Speisen können püriert oder gemixt, Flüssigkeiten mit Dickungsmitteln angedickt werden. Wichtig dabei ist, diese Konsistenzveränderung nicht beliebig und unsystematisch durchzuführen. Veränderungen der Konsistenz gehen meist auch mit Veränderung des Geschmackserlebnisses einher oder führen auch zum ungewollten Vermeiden von Nahrung. Die Gefahr bleibt groß, dass die Person sich verschluckt oder Reste im Hals bei zu klebrigen Lebensmitteln zurückbleiben und nicht geschluckt werden können. Dies sollte unbedingt vermieden werden.

Einheitliche internationale Konsistenzstandards

Damit die Grade der Konsistenzanpassungen unabhängig vom Pflegesetting, vom Ort oder der betreuenden Person sind, hat sich 2013 eine weltweite Initiative in Bezug auf Schluckstörungen entwickelt, um vergleichbare Standards zu schaffen: Egal ob eine Patientin in einem Akutkrankenhaus in Wien, in einem Rehabilitationszentrum in der Steiermark oder einem Pflegeheim in Tirol betreut wird, die Bezeichnung und die Überprüfungsmöglichkeiten müssen identisch und vergleichbar sein. Dies hat sich die International Dysphagia Diet Standardisation Initiative (IDDSI) zum Ziel gesetzt. Sie will ein einheitliches System für das Beschreiben und das Bereitstellen von texturmodifizierten Kostformen entwickeln. Die Grundstruktur der International Dysphagia Diet Standardisation Initiative ermöglicht erstmals interdisziplinär konsentierte und evidenzbasierte Prüftechniken sowie Einteilungsmöglichkeiten von texturmodifizierten Speise- und Getränkestufen für Patient:innen mit Schluckstörungen im inner- und außerklinischen Kontext. Damit bietet IDDSI für alle Beteiligten am Dysphagiemanagement die Möglichkeit einer einheitlichen Sprache.

Als höchstes Ziel für die Entwicklung dieses Projekts steht die Patient:innensicherheit.

Die Standardisierung der Speise- bzw. Flüssigkeitsstufen gewährleistet eine gemeinsame internationale 8-stufige Skala (0-7) mit lizenzierten Definitionen, Zahl- und Farbkodierungen sowie kontrollierten Übersetzungen (siehe Abb. 1). Durch einfache und nachvollziehbare Testungen zum Feststellen der Konsistenzen (z.B. IDDSI-Fließtest, Löffel-Kipptest oder Gabel-Drucktest) ermöglicht IDDSI Speisenkonsistenzen standardisiert und evidenzbasiert in der klinischen Routine zu testen und herzustellen. Ein wichtiger Schritt für eine weltweit einheitliche Kommunikation und dasVerwenden der gleichen Begriffe und Standards. IDDSI ist in über mehr als 40 Ländern bereits am Weg der Implementierung, unter anderem auch in Österreich.

Brei & Püree - Muss das sein?

Wenn die Konsistenz von Speisen oder Flüssigkeiten so angepasst wird, dass der Schluckvorgang optimal unterstützt wird, leidet oft die Optik der Speise: durch das Pürieren verlieren die Speisen ihre ursprüngliche Form und sind als solche nicht mehr wirklich zu erkennen. Aber das “Auge isst mit” - deshalb gibt es Möglichkeiten, diese wieder in “Form” zu bringen. So lässt sich die Speise auch tatsächlich alltagsnah darstellen und genießen.

Nährstoffe und Energiewert

Neben dem Genuss spielen bei texturmodifizierten Kostformen aber auch die vorhandenen Nährstoffe wie Eiweiß oder auch die Kilokalorien eine Rolle. Menschen mit Schluckstörungen neigen öfters dazu weniger zu essen. Sie haben verständlicherweise oft auch weniger Appetit. Die Folge ist oft, dass sie zu wenig Nährstoffe oder auch Energie zu sich nehmen, ungewollt Gewicht verlieren und oft auch körperlich schwächer werden. Dadurch steigt auch die Sturzgefahr. Aus diesem Grund ist es oft sinnvoll, konsistenzveränderte Speisen zusätzlich mit Energie (Kilokalorien) und auch mit Eiweiß anzureichern, damit auch kleinere Portionen noch genug Energie und Eiweiß liefern können. Denn nur wer in einem guten Ernährungszustand ist, fühlt sich fit und kräftig.

Natürliche Möglichkeiten zur Energieanreicherung bestehen beispielsweise durch das Verwenden von mehr Öl oder Butter, aber auch Schlagobers und Creme fraiche eignen sich gut. Ein Mehr an Eiweiß bringen ebenfalls Milch oder Schlagobers, mit Ei legierte Suppen, aber auch Topfencrèmes und Milchshakes.

Wir danken den Autoren für den Beitrag!

Weitere Informationen zu IDDSI: http://iddsi.org

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